Erfahrungsbericht von Heidy
Erfahrungsbericht von Heidy
Hallo, darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Heidy, 61 Jahre alt und Oma von 5 Enkelkindern. Ich erzähle nun meine Geschichte, wie es dazu kam, daß ich heute stolzer Besitzer eines Cochlea-Implantats bin.
Bis zum Alter von knapp 40 Jahren war alles in Ordnung. Vater und zwei Tanten waren zwar schwerhörig, aber mich traf das anscheinend nicht. Denkste …. so ganz langsam schlich sich das an, erst nicht mehr alles verstanden, dann am TV dem Film nicht mehr richtig folgen können usw. Aber irgendwie gings immer.
Als Berufskraftfahrerin musste ich nun ab 50 Lebensjahren meinen LKW-Führerschein verlängern lassen. Hierzu ist eine ärztliche Untersuchung erforderlich, und hier fiel ich mit Pauken und Trompeten durch den Hörtest. Es wurden mir zwei Hörgeräte verordnet, die ich zu tragen hatte …. was ich jedoch nicht tat, da mir der Krach während des Auf- und Abladens zuviel wurde (Auflieger mit Plane und Alu-Latten, Stapler-Beladung ect., also lauter Krachmacher). Ein einziges Mal habe ich einen Strafzettel bekommen, da die Hörgeräte dummerweise im Führerschein eingetragen sind. Na ja ….
Vor knapp 2 Jahren brach dann meine Krankheit Morbus Crohn wieder aus (chronisch entzündliche Darmerkrankung, nicht heilbar) Da ich schon 2 OPs hatte hiess dies nun den Beruf an den Nagel hängen, da ich zuvor 7 Jahre Italien/Fernverkehr gefahren bin.
Nun ging es los mit Medikamenten, erst Cortison, dann Immunsuppressiva und Infusionen bis heute. Ob es an den Medis lag oder nicht kann ich nicht beurteilen, aber ich habe auf einmal festgestellt, dass ich die Leute nicht mehr verstehe. Meine Familie hat mich schon jahrelang bearbeitet, endlich meine Hörgeräte zu tragen, aber ich wollte einfach nicht.
Nun also zum Akustiker und gefragt, ob die Hörgeräte noch zu richten sind, das waren sie leider nicht. Es wurde ein Hörtest gemacht und Leihgeräte zur Probe mitgegeben. Es wurde alles laut um mich rum, verstanden habe ich jedoch immer noch nichts.
Beim Akustiker wurde mit dann mitgeteilt, dass mein Hörtest an die Uniklinik Freiburg geschickt wurde, da ich ein Kandidat für ein CI sei, ein Implantat. Meine Reaktion war eigentlich nur ???????????
Trotz des unguten Gefühls ging ich dann 2 Tage nach Freiburg ins Implant-Centrum. Ein Klinik – Gefühl kommt hier schon gar nicht auf. Es wurden sehr viele Untersuchungen gemacht, ausser Hörtests auch MRT und CT. Mein Hörnerv war intakt, also CI-tauglich.
Der Grund für das CI: ich habe kein Sprachverständnis, meine Hörkurve geht steil nach unten, sozusagen an den Buchstaben vorbei. Obwohl ich mir hätte Zeit lassen können mit der Entscheidung wusste ich nur eins: ich muss etwas unternehmen, damit ich am Leben
wieder teilhaben kann. Also hab ich mich sofort für die OP angemeldet.
Diese war Anfang Juni 2016 in Freiburg, verlief bestens, einen Monat später eine Woche ICF ( Implant-Centrum-Freiburg) zur Erstanpassung. Welch ein Augenblick. … und danach. … totale Enttäuschung. Hören ja, verstehen nichts ….. mit der Zeit wurden es dann Mickey-Mouse-Stimmen in Helium gebadet, da kam immerhin die Sprache näher. Nächste Anpassung Mitte August, nächste dann Ende November. Und ich muss sagen, es wird.
Ich höre Geräusche, die ich schon ewig nicht mehr gehört habe, da die hohen Töne bei mir schon lange tot sind. … Vögel, Uhr, Klingel, Kinderweinen. .. es ist unbeschreiblich.
Nun kann man sich mit mir schon im Auto unterhalten und ich gebe Antwort, ich verstehe den Zahnarzt hinter seinem Mundschutz und vieles mehr. Meine grösseren Enkel müssen nicht mehr sagen Oma komm mal in die Knie ich will dir was sagen, sondern ich rede
einfach mit Ihnen. Ich höre die Babys weinen.. ohne CI weint unser Kleiner in meinem Arm und ich höre absolut nichts.
Unser Grosser (9 Jahre) hat seit 5 Jahren Hörgeräte und findet es cool dass die Oma ein CI hat, sein Freund hat auch zwei ….. und ist Klassenbester.
Zum Abschluss: Bei jedem verläuft der Prozess anders; jeder empfindet anders aber eines ist klar. ….. mir tut nur leid dass ich das CI nicht schon vorher bekommen habe. Ich übe zur Zeit telefonieren mit der Teleschlinge, das klappt schon ganz passabel, kann mit dem Domino-Pro* einen Film im Fernsehen verfolgen, und niemand steht mehr vor der Türe und klingelt sich zu Tode, obwohl ich zu hause bin. Nun geht auch meine Familie anders mit mir um, da sie gesehen haben, dass ich etwas unternehme …. und nicht mehr einfach ohne Hörgeräte halb taub durch die Gegend lauf.
Alles in allem … ein Erfolg …
Interessant zum Schluss …. am Anfang wollte ich das CI verstecken … nun bin ich stolz drauf und habe es mit Nagelstickern verschönert …..
_______________
*Domino Pro: Zubehör, welches sich an den Fernseher anschließen lässt. Mithilfe einer Induktionsspule wird das Fernsehsignal direkt in die Cochlea-Implantate oder Hörgeräte übertragen.